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Ticketsystemdienstleister haften nicht für Absagen


Ticketsystemdienstleister haften nicht für Absagen

Ticketsystemdienstleister, die im eigenen Namen und auf Rechnung des Veranstalters Eintrittskarten für auf einen bestimmten Termin festgelegte Freizeit-Veranstaltungen verkaufen, haften nicht für die Durchführung der Veranstaltung. Sie sind auch nicht einem Widerrufsrecht des Käufers der Eintrittskarten ausgesetzt. Dies hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 13.07.2022 klargestellt.

Hintergrund
Die Parteien streiten um die Rückerstattung des Entgelts für Eintrittskarten zu einer Aufführung, die aufgrund eines der COVID-19-Pandemie geschuldeten Veranstaltungsverbots abgesagt worden war. Die Beklagte ist Ticketsystemdienstleisterin und vertreibt über ein Internet-Portal für eine Vielzahl von Veranstaltungen Eintrittskarten. Hier erwarb der Kläger 2019 vier Eintrittskarten für eine Musicalaufführung, die am 18. April 2020 in Hamburg stattfinden sollte. Veranstalterin war die S-GmbH, für die die Beklagte als Kommissionärin im eigenen Namen und auf deren Rechnung die Tickets vertrieben hat. Damit war vertragliche Leistungspflicht lediglich die Verschaffung des Besitzes und des Eigentums an der Eintrittskarte, die das Recht des Kunden auf Zutritt zu der Veranstaltung der S-GmbH verbriefte und nicht die Durchführung der Veranstaltung selbst. Nach der Pandemiebedingten Absage verlangte der Kläger von der Beklagten die Erstattung des Ticketpreises i.H.v. 756,46 € zurück.

Der Kläger war der Auffassung, die Beklagte hafte für die spätere Absage der Veranstaltung. Darüber hinaus war er der Meinung, über ein ihm zustehendes Verbraucherwiderrufsrecht den Vertrag ordnungsgemäß widerrufen zu haben. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Daraufhin begehrte der Kläger mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Beklagte hatte ausschließlich für die Verschaffung der Tickets einzustehen
Die Revision hat der BGH in seinem Urteil vom 13.07.2022 als unbegründet zurückgewiesen, da kein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Ticketpreises bestehe. Das Berufungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte den Kaufvertrag durch Übereignung der Eintrittskarten an den Kläger vollständig erfüllt habe und sie für die nachträgliche Absage der Veranstaltung nicht hafte. Dies wurde mit dem zugrundeliegenden Vertrag begründet, indem die Beklagte im eigenen Namen mit dem Kläger einen Kaufvertrag im Sinne von § 453 BGB (Rechtskauf) abgeschlossen habe, aus dem sie verpflichtet gewesen sei, dem Kläger das durch die von der Veranstalterin ausgegebenen Eintrittskarten verkörperte Recht auf Teilnahme an der Veranstaltung zu verschaffen. Die Durchführung der Veranstaltung falle jedoch in den Bereich der Veranstalterin selbst. Demnach sei weder das von der Beklagten verkaufte Recht bei dessen Übertragung mangelhaft, noch habe die Beklagte vertraglich eine Haftung für die künftige Durchführung der Veranstaltung übernommen.

Widerruf war im vorliegenden Fall gesetzlich ausgeschlossen
Auch aus den §§ 312 g Abs. 1, 355 Abs. 1, 3 Satz 1, 357 Abs. 1 BGB wegen eines Widerrufs des Klägers aus einem Fernabsatzvertrag ergebe sich kein Anspruch auf Rückerstattung des Klägers, da ihm ein Widerrufsrecht nicht zugestanden habe.
Zwar habe ein Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312c Abs. 1 BGB vorgelegen, es fehlte aber an dem geltend gemachten Widerrufsrecht, das gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB ausgeschlossen sei. Diese Norm schließe einen Widerruf u.a. für Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen aus, wenn der Vertrag für die Leistungserbringung einen speziellen Termin vorsehe. Dies sei auch bei dem vorliegende Rechtskaufvertrag gegeben, indem der im eigenen Namen für Rechnung der Veranstalterin geschlossene Kaufvertrag zwischen der Beklagten und dem Kläger das Zugangsrecht zu einer auf einen bestimmten Zeitpunkt terminierten Freizeitbetätigung, einem Musical, zum Gegenstand gehabt habe. Hieran ändere auch die seitens der Beklagten pflichtwidrig unterlassene Belehrung über das Nichtbestehen des Widerrufsrechts nichts, da dies nicht zu nachträglichem Entstehen des Widerrufs führe, sondern lediglich die Widerrufsfrist verlängere.

Fazit
Die Entscheidung verbindet die Besonderheiten des Fernabsatzvertrag-Widerrufsrechts mit einem Kommisionsverhältnis zwischen Ticket Online-Vorverkaufsstelle und Veranstalter. Hinzugetreten ist noch der Umstand des pandemiebedingten Ausschlusses der Leistungspflicht. Eine für den Beklagten sehr glückliche Konstellation, die zeigt, dass Ticketsystemdienstleister, die im eigenen Namen und auf Rechnung des Veranstalters Eintrittskarten für auf einen bestimmten Termin festgelegte Freizeit-Veranstaltungen verkaufen, nicht für die Durchführung der Veranstaltung haften und auch nicht einem Widerrufsrecht des Käufers der Eintrittskarten ausgesetzt sind.


Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2022, Az. VIII ZR 317/21


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