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Schadenersatz wegen unberechtigten Schufa-Eintrages

Landgericht Hannover, Urteil vom 14.02.2022, Az. 13 O 129/21


Schadenersatz wegen unberechtigten Schufa-Eintrages

Das Landgericht Hannover entschied am 14.02.2022, dass dem Kläger aufgrund eines unberechtigten Negativeintrages bei der Schufa Schadenersatz zustehe. Denn dadurch sei er bloßgestellt worden.

Wieviel Schadenersatz steht dem Betroffenen zu?
Der Kläger ging gegen die Schufa wegen eines negativen Eintrages aufgrund verspätetet bezahlter Telefongebühren vor. Der Kläger hatte einen Mobilfunkvertrag mit der Telekom abgeschlossen. Die fälligen Beträge konnten für einen Monat nicht vom Konto eingezogen werden. Aufgrund dessen veranlasste die Telekom einen entsprechenden Negativeintrag bei der Schufa und kündigte später den Vertrag. In der Zwischenzeit zog der Kläger um und beglich auch die Forderung. Im weiteren Verlauf kontaktierte er die Beklagte und beantragte die Löschung des Negativeintrages. Das lehnte die Beklagte ab. Der Kläger forderte per Anwaltsschreiben die Telekom und die Beklagte zur Löschung bzw. zum Widerruf der Daten auf. Beide lehnten dies ab. Die Telekom verwies auch auf zwei versendete Mahnschreiben. Per Klage verlangte der Kläger beim LG Hannover die Löschung des Negativeintrages. Hierzu erging im Januar 2021 ein Anerkenntnisurteil. Da zwei Monate später der Negativeintrag immer noch gespeichert war, forderte der Kläger die Beklagte zur Erfüllung des Anerkenntnisurteils auf. Diese informierte den Kläger später über die nun vorgenommene Löschung. Der Kläger forderte von der Beklagten Schadenersatz in Höhe von insgesamt 17.500 EUR.

Zugang der Mahnungen fraglich
Das Landgericht Hannover entschied, die Klage sei teilweise – nämlich in Höhe von 5.000 EUR nebst Verzugszinsen – begründet. Der Kläger sei vom Negativeintrag rechtswidrig in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Grundsätzlich sei die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit dies auf Basis einer Rechtsvorschrift erlaubt sei oder der Betroffene eingewilligt habe. Eine Einwilligung habe der Kläger nicht erteilt. Daher komme es gemäß des zum Zeitpunkt des Negativeintrages noch maßgeblichen § 28a BDSG a.F. darauf an, ob die Telekom den Kläger mindestens zweimal schriftlich gemahnt habe. Dabei trage die Telekom als übermittelnde Stelle die Darlegungs- und Beweislast. Der Zugang der Mahnungen beim Kläger lasse sich aber nicht feststellen. Eine bloße Versendung der Mahnungen sei nicht ausreichend. Denn ohne Zugang könne die beabsichtigte Warnfunktion nicht erfüllt werden, die den Beklagten dazu veranlasst, entweder die Forderung zu begleichen oder dagegen Einwendungen zu erheben.

Unrechtmäßige Datenverarbeitung ohne Mahnungszugang
Die Beklagte habe die Daten nicht rechtmäßig verarbeitet und damit gegen Art. 6 Abs. 1 DSGVO verstoßen, so das Gericht. Gemessen an §§ 28a Abs. 1 BDSG a.F. bzw. § 31 Abs. 2 Nr. 4 a) BDSG n.F. sei die Datenverarbeitung mangels (nachgewiesener) Mahnungen des Klägers nicht als rechtmäßig anzusehen. Dies gelte, auch wenn § 31 Abs. 2 Nr. 4 Buchst, a) BDSG n.F nicht mehr die Übermittlungsvoraussetzungen definiert, sondern nur Anforderungen an den Datenkranz, der für die Ermittlung von Wahrscheinlichkeitswerten verwendet werden könne. Denn dadurch werden die Übermittlungsvoraussetzungen doch zumindest mittelbar bestimmt und in gewisser Weise durch den Gesetzgeber fortgeschrieben.

Rechtswidrigkeit ab Kenntnis von fehlenden Mahnungen
Das Landgericht befand, die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. Denn der Kläger habe sie über die fehlenden Mahnungen und damit den fehlenden Voraussetzungen für die Negativeinträge in Kenntnis gesetzt. Spätestens seitdem sei die Beklagte veranlasst gewesen, die Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Dies habe sie aber mindestens fahrlässig nicht getan. Die Beklagte könne sich daher ab diesen Zeitpunkt nicht durch mangelnde Kenntnis i.S.v. Art. 82 Abs. 3 DSGVO exkulpieren. Das Verschulden sei seitdem zu vermuten.

Kläger wurde bloßgestellt
Der Kläger habe auch einen immateriellen Schaden erlitten, so das Gericht weiter. Die Beklagte habe aufgrund der unrechtmäßigen Zugänglichmachung der Daten den Beklagten „bloßgestellt“. Bei der Beklagten handele es sich um eine Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung. Sie führe ein Warnsystem, durch das sie ihren Vertragspartnern vor Verlusten im Kreditgeschäft mit natürlichen Personen schützt. Innerhalb dieses Systems habe die Beklagte die Daten nicht nur zur Verfügung gestellt. Vielmehr seien Daten auch mehrfach sowohl im Rahmen privater als auch gewerblicher Anfragen abgerufen worden. Ob die Negativeinträge auch dazu führten, dass dem Kläger kein Kredit oder ein Kredit zu anderen (schlechteren) Bedingungen gewährt wurde, spiele keine Rolle.

Einfluss auf Wirtschaftsleben und Kreditvergabe
Das LG war der Ansicht, die Verletzung des Persönlichkeitsrechts rechtfertige die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 EUR. Die Daten zur Bonität des Klägers seien schützenswerte und sensible Daten, die sowohl seine berufliche Tätigkeit als auch seine Kreditwürdigkeit im privaten Rahmen betreffen. Sie können negativen Einfluss haben, indem Kredite versagt oder angestrebte Verträge nicht mit dem Kläger abgeschlossen werden. Es sei nicht anzunehmen, dass die Beklagte als Warnsystem der Kreditwirtschaft mit ihren Auskünften und errechneten Basisscore darauf keinerlei Einfluss ausübt. Dieser Einfluss - ohne dass es im Rahmen eines immateriellen Anspruchs der konkreten Feststellung der materiellen Nachteile bedürfe – sei auch von einigem Gewicht. Denn dadurch können mittelbar Grundrechte wie die Berufsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit beeinträchtigt werden.

Bemessung der Schmerzensgeldhöhe
Für die Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigte das Gericht mehrere Aspekte. Zum einen seien die Negativeinträge für ca. zwei Jahre abrufbar gewesen. Sie fielen auch in einen Zeitraum, der aufgrund der Corona-Pandemie ohnehin mit großen wirtschaftlichen Risiken und Probleme verbunden gewesen sei. Der Kläger sei damit für die Folgen der Negativauskünfte in besonderem Maße anfällig gewesen. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte zwar einerseits kein erhebliches Verschulden traf. Mit zunehmender Dauer des rechtswidrigen Zustandes hätte sie aber immer mehr an der Rechtmäßigkeit ihres Handelns zweifeln müssen. Das gelte ganz besonders für die Zeit nach Erlass des Anerkenntnisurteils durch das LG Hannover und dem Umstand, dass die Negativeinträge weiterhin gespeichert waren.

Mitverschulden durch Kläger
Das LG war allerdings der Ansicht, dass der Kläger auch selbst für die Negativeinträge ursächlich gewesen sei. Er habe seine Adressänderung der Telekom nicht mitgeteilt. Damit habe er ihr die Möglichkeit genommen, dass die Mahnungen ihn auf dem Postweg erreichen. Das Verhalten des Klägers nach Kenntnis von den Rückständen lasse vermuten, dass es bei Mahnungszugang sogleich zum Forderungsausgleich gekommen wäre. Dann wäre es erst gar nicht zu den Negativeinträgen gekommen.

Landgericht Hannover, Urteil vom 14.02.2022, Az. 13 O 129/21


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