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Kein Auskunftsanspruch bei sofortigem Nachkommen der Löschungsaufforderung

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 29.04.2021, Az. 15 W 29/21


Kein Auskunftsanspruch bei sofortigem Nachkommen der Löschungsaufforderung

Das Oberlandesgericht Köln hat sich mit seinem Beschluss vom 29.04.2021 klargestellt, dass ein Anspruch eines Unternehmers gegenüber einem Online-Bewertungsportal auf Auskunft aus § 242 BGB nur dann in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen der mittelbaren Störerhaftung der Beteiligten vorliegen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Voraussetzungen erst im weiteren Verlauf des Verfahrens begründet werden. Sofern auf eine Löschungsaufforderung hin sofort reagiert worden ist, scheidet ein Auskunftsanspruch generell aus.

Hintergrund
Die Antragsgegnerin betreibt ein Online-Bewertungsportal, über das aktuelle und ehemalige Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber anonym anhand unterschiedlicher Faktoren bewerten können. Die Antragstellerin ist alleinige Geschäftsführerin einer GmbH mit 35 Mitarbeitern und hat über dieses Bewertungsportal wiederholt negative Bewertungen erhalten. Auf die jeweiligen Löschungsaufforderungen hin hat das Portal die negativen Beiträge allerdings stets sofort gelöscht.

Dennoch begehrte die Antragstellerin nun die gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 TMG erforderliche gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit einer Auskunftserteilung nach § 14 Abs. 3 TMG. Nach der Norm ist es Diensteanbietern wie dem vorliegenden Online-Bewertungsportal im Einzelfall gestattet, Auskunft über vorhandene Bestandsdaten zu erteilen. Dies gilt allerdings nur, soweit dies erforderlich ist, um zivilrechtliche Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte durchzusetzen.

Nach Auffassung der Antragstellerin treffe dies auf ihren Fall zu, da die anonymen Bewertungen den Strafrechtstatbestand der Verleumdung nach §§ 186, 187 StGB erfüllt hätten (vgl. § 1 Abs. 3 NetzDG). Deshalb begehrte sie Auskünfte über Namen, E-Mail-Adressen sowie IP-Adressen der User, die ihrer Ansicht nach missbräuchlich Bewertungen abgegeben hatten.

Keine vertraglichen oder gesetzlichen Ansprüche begründbar
Das LG hat den Antrag zurückgewiesen, weil § 14 Abs. 4 TMG das Bestehen eines Auskunftsanspruchs voraussetze. Ein solcher habe hier aber gerade nicht bestanden, was in der Vorinstanz bereits ausführlich begründet worden war (vgl. LG Köln, Beschluss v. 26.03.21, Az. 28 O 64/21 – juris). Vorliegend waren auch keine vertraglichen Ansprüche der Antragstellerin gegen die Beteiligte begründbar. Ein weiterer gesetzlicher Anspruch käme letztlich nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen der mittelbaren Störerhaftung der Beteiligten – sei es auch erst im weiteren Verlauf des Verfahrens - begründet wären. In diesem Fall könne sich ein gesetzlicher Anspruch auf Auskunft aus § 242 BGB ergeben. Nachdem auf die Löschungsaufforderung der GmbH hin unstreitig sogleich reagiert worden war, sei dies aber gerade nicht feststellbar, so der Senat.

Art. 15 Abs. 1 DSGVO als „Betroffenenrecht“ nicht anwendbar
Auch aus einem in der Antragsschrift am Rande geltend gemachten Anspruch aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO ergebe sich kein materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch der Antragstellerin. Bei der Norm handele es sich schon ausweislich des eindeutigen Wortlauts um ein Betroffenenrecht. Ein solches Recht beziehe sich nur auf den Anspruchsteller selbst betreffende personenbezogene Daten. Vorliegend wollte die Antragstellerin aber nicht über sich selbst, sondern über die für die Beiträge verantwortlichen „User“ Auskünfte erhalten. Insofern greife die Norm allerdings nicht. Auch aus Art. 15 Abs. 1 lit. g) DSGVO, nachdem im Falle einer Drittauskunft „alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten“ gefordert werden können, folge kein anderes Ergebnis. Denn die § 14 Abs. 3 bis 5 TMG beschränken das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht insoweit zulässigerweise, als sie eine zweckverändernde Weiterverarbeitung der erhobenen Daten verbieten.

Fazit
Der Fall schafft keine Klarheit im Recht und beweist erneut, dass die aktuelle gesetzliche Ausgestaltung der Auskunftsrechte nicht unproblematisch ist. Sofern ein Diensteanbieter die beanstandeten kritische Datensätze allerdings sofort löscht, kann er sich aktuell in Sicherheit wiegen, denn es fehlt bereits an seiner Störereigenschaft. Demnach besteht regelmäßig kein Auskunftsanspruch und § 14 Abs. 4 Satz 1 TMG greift auch nicht ein. Es läge damit allenfalls in der Hand des Gesetzgebers, nach dem Vorbild gesetzlicher Sonderregelungen wie in § 101 Abs. 2 UrhG einen allgemeinen Auskunftsanspruch gegen Telemediendienste als „Nichtstörer“ zu schaffen. Dies wird in nächster Zeit wohl nicht zu erwarten sein.


Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 29.04.2021, Az. 15 W 29/21


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