• Anwaltskanzlei Weiß & Partner

    Katharinenstraße 16
    73728 Esslingen

    0711 - 88 241 006
    0711 - 88 241 009
    Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Zur Bewerbung von begrenzten Produktmengen

Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 16.08.2022, Az. 3 U 29/22


Zur Bewerbung von begrenzten Produktmengen

Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied am 16.08.2022, dass der Hinweis in einem Discounter-Prospekt auf eine begrenzte Verfügbarkeit nicht grundsätzlich unlauter sei. Denn dies stelle kein Indiz dafür dar, dass von Anfang an eine unangemessene Menge in einem unangemessenen Zeitraum zu Verfügung gestanden habe.

Wie darf für begrenzt verfügbare Waren geworben werden?
Kläger war eine Verbraucherzentrale, Beklagte ein Lebensmittel-Discounter mit bundesweiten Filialen. In einem Prospekt bewarb die Beklagte verschiedene Produkte, teilweise mit Aktionspreisen. Auf der ersten Seite des Prospekts wurde in der Fußzeile auf Folgendes hingewiesen: „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein.“ Zusätzlich war aufgedruckt: „Weitere Informationen unter n.-online.de / 0800 200 00 15 (gebührenfrei).“ An den Seitenrändern war zudem der Hinweis „Angebot gilt nur in ausgewählten Filialen mit Backofen“ sowie „Fleischartikel nur erhältlich in Filialen mit Fleisch und Wurst in Selbstbedienung“ zu lesen. Ferner waren auf diversen Seiten des Prospektes folgender Disclaimer abgedruckt: „*Erhältlich bei N. City (nicht in allen Sorten). Die abgebildeten Artikel können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein.“ Weiterhin bewarb die Beklagte auf einer Seite das Produkt „A. Mineralwasser“ zum Preis von 4,44 € für zwei Kästen Wasser.“ Der Kläger schätzte die Werbung als unlauter ein. Die Vorinstanz verbot der Beklagten, in Werbeprospekten für den Kauf von Lebensmitteln zu werben, wenn einzelne beworbene Waren nicht in allen Filialen erhältlich seien und wenn die Beklagte nicht deutlich darauf hinweise, wo der Verbraucher Informationen dazu einholen könne und in welchen Filialen die beworbenen Waren (nicht) verfügbar seien. Die Beklagte ging dagegen in Berufung.

Unzureichende Beweisführung
Das Oberlandesgericht Nürnberg entschied, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht begründet und somit die Werbung nicht unlauter sei. Denn der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte Produkte – wie beispielsweise das Produkt „A. Mineralwasser“– im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich nicht in Filialen hinreichend vorrätig gehalten habe. Die Mitteilung einer Mitarbeiterin an einen Kunden, dass das beworbene Mineralwasser nicht in die Filiale geliefert worden sei, reiche dafür nicht aus. Aus dieser Aussage könne nicht auf eine fehlende angemessene Bevorratung des Produktes „A. Mineralwasser“ in dieser Filiale geschlossen werden.

Begrenztes Angebot lässt nicht auf fehlenden Vorrat schließen
Der Kläger bleibe auch darlegungs- und beweisfällig dafür, dass die Beklagte allgemein irgendwelche in dem Katalog beworbenen Produkte nicht angemessen bevorratet habe, so das OLG. Sie stütze die angeblich fehlende Bevorratung ausschließlich auf den im Prospekt enthaltenen Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“. Daraus könne aber nicht entnommen werden, dass irgendwelche Artikel nicht angemessen vorrätig seien. Vielmehr beinhalte der Hinweis nur die Wiederholung des bereits an anderer Stelle erfolgten Hinweises, dass bestimmte Artikel nur in speziellen Filialen – beispielsweise mit Backofen, mit Fleisch und Wurst in Selbstbedienung etc. – erhältlich seien. Zudem sei dies als allgemeine Absicherung der Beklagten zu verstehen, dass bestimmte Produkte trotz eigentlich angemessener Bevorratung aufgrund bestimmter Sonderumstände nicht überall und nicht über den gesamten Zeitraum erhältlich sein könnten. Dies könne beispielsweise daran liegen, dass Artikel wegen des unerwarteten Ansturms nicht vorhanden oder schnell ausverkauft seien oder es sich um leicht verderbliche und nicht hinreichend gekühlte Lebensmittel handele.

Alle Produkte sind begrenzt
Das OLG war der Ansicht, eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus der Verwendung der Worte „begrenztes Angebot“. Denn es liege in der Natur der Sache, dass ein angebotenes Produkt nur in begrenztem Umfang vorhanden sei. Dem Hinweis könne kein Indiz dafür entnommen werden, dass die Umfangsbegrenzung in Zeitraum und Menge von vornherein unangemessen erfolgt sei.

Mehrere Hinweise relativieren Aussage zur Verfügbarkeit
Das OLG Nürnberg entschied, der Disclaimer „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich […]“ habe über die sonstigen im Prospekt enthaltenen konkreten Aussagen zur Nichtverfügbarkeit bestimmter Waren keine eigenständige Bedeutung. Diese habe vielmehr die Hinweise „Angebot gilt nur in ausgewählten Filialen mit Backofen“ sowie „Fleischartikel nur erhältlich in Filialen mit Fleisch und Wurst in Selbstbedienung“ enthalten. Zudem habe der Prospekt am unteren Rand einen Hinweis auf bestimmte mit Sternchen versehene Produkte enthalten: „*Erhältlich bei N. City (nicht in allen Sorten) […].“ Vor dem Hintergrund dieser konkreten Einschränkungen des Warenangebots in bestimmten Filialen entnehme der Verkehr dem allgemeinen Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich“ keine zusätzliche Bedeutung. Er gehe nicht davon aus, dass damit eine zusätzliche und bereits im Zeitpunkt der Bewerbung feststehende Produktbeschränkung in bestimmten Filialen gemeint sei. Dafür spreche auch der Hinweis „Die abgebildeten Artikel können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“. Auch aufgrund dessen sei der Hinweis nur als allgemeine Wiederholung der anderen Verfügbarkeitsaussagen zu verstehen.

Kläger muss Beweis vorlegen
Daher sei die Beklagte auch nicht verpflichtet vorzutragen, dass sämtliche beworbenen Artikel während des gesamten Aktionszeitraums laufend verfügbar gewesen seien, so das Gericht weiter. Denn es habe bereits an der Darlegung einer nicht angemessenen Bevorratung durch den Kläger gefehlt. Der Grad der Substantiierungslast des Gegners sei nach der Rechtsprechung aufgrund eines Wechselspiels von Vortrag und Gegenvortrag zu bestimmen. Hierbei müsse die beweisbelastete Partei zunächst „vorlegen“. Im vorliegenden Fall sei eine derartige Darlegung durch den Kläger aber gerade nicht erfolgt. Daher sei es prozessual ausreichend, dass die Beklagte substantiiert lediglich die angeblich nicht hinreichende Bevorratung von Mineralwasser in einer Filiale bestritt. Zudem betreibe die Beklagte derzeit ca. 4.270 Verkaufsstellen im gesamten Bundesgebiet. Der Vortrag, dass jeder der in der streitgegenständlichen Werbung abgebildeten Artikel in jeder Filiale erhältlich gewesen ist, sei weder möglich noch zumutbar.

Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 16.08.2022, Az. 3 U 29/22


Ihr Ansprechpartner

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.

E-Mail: kanzlei@ratgeberrecht.eu, Telefon: 004971188241006
Katharinenstraße 16, 73728, Esslingen, Baden-Württemberg, Deutschland