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Preisetiketten – Probleme mit Marken- und Wettbewerbsrecht

Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 29.03.2022, Az. 3 U 3358/21


Preisetiketten – Probleme mit Marken- und Wettbewerbsrecht

Das Oberlandesgericht Nürnberg hatte sich mit den Marken- und wettbewerbsrechtlichen Problemen bei der Gestaltung von Preisetiketten auseinanderzusetzen. Hierbei hat das Gericht mit Urteil vom 29.03.2022 klargestellt, dass Preisetiketten in Verbindung mit einer farblichen Gestaltung grundsätzlich als Geschäftsabzeichen qualifizieren werden können. Hieran sind allerdings sehr hohe Anforderungen zu stellen, die im konkreten Fall nicht vorgelegen haben. Auch äußerte sich das Gericht zu einer Herkunftstäuschung, die nicht vorliege, wenn ein Unternehmen Produkte als Restposten in seinem Online-Shop anbietet und hierbei die in Unternehmensfarben gestalteten Preisetiketten des Unternehmens zu sehen sind, zu deren Eigenmarke die Produkte gehören. Insbesondere gilt dies dann, wenn der Domainname des Vertreibenden völlig anders lautet bzw. der Vertrieb auf bekannten Online-Marktplätzen stattfindet.

Hintergrund
In dem Rechtsstreit ging es um zahlreiche Ansprüche der Klägerin, die Lebensmittel und andere Artikel in ihren Filialen sowie einem Internetshop vertreibt. Die Klägerin hat diese gegen die Beklagte geltend gemacht, die Waren zunächst an die Klägerin zum Verkauf geliefert hat. Sind hierbei Waren nicht verkauft worden, so hat die Beklagte diese als Sonderposten über eigene Vertriebskanäle, sowie über einen Online-Shop und Amazon, angeboten. Problematisch hierbei war, dass es sich bei den nun verkauften Waren um Eigenmarken der Klägerin aus dem Bereich Gartenwerkzeug und Werkzeug gehandelt hat, die mit dem originalen Preisschild versehen waren. Dieses war mit weißer Schrift auf rotem Hintergrund, unter einem orange-gelben Streifen angebracht. Die Gestaltung entsprach derjenigen der Klägerin, für welche die Waren ursprünglich auch bestimmt waren. Sie sollten bereits mit Preisschild angeliefert und in deren Verkaufsstellen angeboten werden. Die Klägerin hat unter anderem in dem Verkauf unter Nutzung des Preisschildes eine Verletzung des Kennzeichenrechts gesehen.

Keine Herkunftstäuschung bei Nutzung fremder Eigenmarken Preisschilder
Nach § 4 Nr. 3 lit. a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Ob eine vermeidbare Herkunftstäuschung gegeben ist, hängt von zahlreichen Umständen ab, insbesondere auch, ob und ggf. wie deutlich das auf die Klägerin hinweisende Preisetikett jeweils bei der Warenpräsentation erkennbar ist. Das Preisschild der Klägerin war zwar auf der abfotografierten Produktansicht sichtbar, dies war aber ausschließlich beiläufig bei der Abbildung der Ware präsentiert. In der textlichen Beschreibung tauchte der Name der Klägerin nicht auf. Aufgrund der Gesamtgestaltung der Angebote ist das Preisetikett klar in den Hintergrund getreten und erlangte jedenfalls nicht die Aussagekraft, um den Eindruck zu erwecken, der Kunde kaufe faktisch bei der Klägerin oder einem mit ihr vertraglich oder gesellschaftsrechtlich verbundenen Dritten.

Auch der Domainname, der weder von seiner Bezeichnung noch von seiner Produktpalette her Verbindungen zu einer Filialladenkette wie derjenigen der Klägerin aufweist, unterstreicht dies. Hinweise auf das Unternehmen der Klägerin haben sich auch im Übrigen nicht finden lassen, insbesondere nicht in Form der farblichen Gestaltung des gesamten Shop-Auftritts. Demnach ist ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte in der vorliegenden Konstellation unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung abgelehnt worden.

Können Farbkombinationen ein Geschäftsabzeichen darstellen?
Hilfsweise stützt die Klägerin ihren Antrag auf § 15 Abs. 4 Markengesetz, da die Unternehmensfarben, in denen die Preisetiketten gestaltet sind, nach ihrer Auffassung ein Geschäftsabzeichen i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 2 MarkenG darstellten. Die Richter haben klargestellt, dass auch Unternehmensfarben, wie sie auf den Preisetiketten zu sehen waren, für die Qualifikation als Geschäftsabzeichen herangezogen werden. Die farbliche Gestaltung als Zeichen müsse innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten, wobei der Verkehr das Zeichen tatsächlich als ein solches zur Identifizierung und Unterscheidung eines Unternehmens von einem anderen Unternehmen wahrnehmen und verstehen müsse. Bei einem konturlosen Farbzeichen sei ein höherer Grad an Verkehrsgeltung notwendig als bei normal kennzeichnungskräftigen Zeichen.

Bildliche, farbliche oder figürliche Darstellungen alleine besitzen grundsätzlich keine Namensfunktion, da sie rein visuell wirken. Auch die Hausfarben von Unternehmen werden nur als zusätzliche Unterscheidungsmerkmale ohne Namensfunktion verstanden. Da die Verbraucher es nicht gewohnt seien, aus der bloßen Farbe von Waren oder ihrer Verpackung ohne grafische oder Wortelemente auf die Herkunft von Waren zu schließen, kommen Farben und Farbzusammenstellungen eine von Haus aus individualisierende Kennzeichnungskraft nicht zu. Es mag zwar grundsätzlich zutreffen, dass eine Preisangabe lediglich die Information verschaffe, wie viel Geld der Kunde für den Erwerb zahlen müsse. Anders könne der Fall aber dann liegen, wenn das Preisschild genutzt werde, um die (auch anderweitig verwendeten) Unternehmensfarben in Erscheinung zu bringen. Bei einer solchen Gestaltung werde weniger der Schutz für das Preisetikett als solches, sondern für die Unternehmensfarben beansprucht, so das Gericht.

Farblich gestaltetes Preisetikett stellte kein Geschäftsabzeichen dar
Diese Grundsätze gelten auch für das Preisetikett der Klägerin, also einem auf der Waren-Verpackung selbst angebrachten Bereich, der eine bestimmte farbliche Gestaltung in den Unternehmensfarben rot-orange-gelb aufweist. Das Gericht hat allerdings klargestellt, dass insoweit keine konturenlose Farbmarke vorliege, vielmehr liege die Gemeinsamkeit nur in der jeweils gleichförmig aufgebauten Angabe des spezifischen, für jeden Artikel grundsätzlich unterschiedlichen Preises.

Vorliegend hatte die Farbkombination auf den Etiketten einen Wiedererkennungseffekt für viele Kunden, da Filialen in verschiedenen Gebieten bundesweit die Farben, Werbemittel und speziell auch die Preisschilder in einheitlicher Weise genutzt haben. Die Klägerin hat allerdings weder ausdrücklich, noch mittelbar vorgetragen, dass der Bekanntheitsgrad ihres Unternehmens und insbesondere der Unternehmensfarben, wie sie sich bei den Preisaufdrucken finden, ausreichenden ist, da sie sich weder auf Zahlen noch Quoten stützen konnte. Zudem folgt auch aus einem hohen Bekanntheitsgrad eines Zeichens noch nicht, dass es Verkehrsgeltung als Individualisierungsmittel erlangt hat. Die Klägerin hat zwei entsprechende Wort-Bild-Marken mit ihrem Namen und einem entsprechenden farblichen Hintergrund eintragen lassen, aber keine Farbmarke. Für eine isolierte Verwendung der Farbkombination als Geschäftsabzeichen war nichts ersichtlich.


Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 29.03.2022, Az. 3 U 3358/21


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