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Patentverletzung durch Ersatzrasierklingen

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2018, Az. I-15 U 66/17


Patentverletzung durch Ersatzrasierklingen

In einem Berufungsverfahren kam das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 11.01.2018, Az. I-15 U 66/17 zu dem Ergebnis, dass im Hinblick auf das von der Gillette Company beanspruchte Patent bezüglich der Zusammenfügung von Ersatzrasierklinge und dem Handstück eines Rasierers eine Patentrechtsverletzung vorliegt, wenn ein anderes Unternehmen diese entwickelte Eigenheit kopiert. Diese Verletzung führe zu einem Unterlassungsanspruch. Außerdem stellte das Gericht fest, dass ein Gesellschafter eines Unternehmens persönlich für die Patentverletzung hafte, wenn er positive Kenntnis von der Verletzung des Verfügungspatents habe und er (weitere) Verletzungshandlungen nicht verhindere.

Nachahmung von Rasierklingeneinheiten
Gegenstand des Rechtsstreits ist eine Patentverletzung im Hinblick auf auswechselbare Rasierklingeneinheiten. Die Gillette Company (Verfügungsklägerin) war der Ansicht, dass die Wilkinson Sword GmbH (Verfügungsbeklagte) gegen ein ihr im Jahre 1997 erteiltes Patent verstieß, indem sie eine für den Rasierer typische Verbindung von Griff und Klingeneinheit nachahmte und diese in deutschen Drogeriemärkten mit dem Slogan „passend für Gillette Mach3“ um in etwa 30% günstiger als die Originale zum Verkauf anbot. Das von Gillette für sich beanspruchte Patent bringt aufgrund des besonderen Ausschnitts den Vorteil mit sich, dass das Zusammenstecken von Austauschklinge und Handgriff maßgeblich erleichtert wird.

Landgericht Düsseldorf gab Klage statt
In einem einstweiligen Verfügungsverfahren mit Urteil vom 18.07.2017, Az. 4a O 66/17 gab das Landgericht Düsseldorf dem Begehren der Verfügungsklägerin statt. Die Kammer sah in der Ausgestaltung der Rasierklingen durch die Verfügungsbeklagte eine Patentrechtsverletzung. Die von Wilkinson vertriebenen Klingen würden gerade die Eigenheit der Verbindung zwischen Rasierklingeneinheit und dem Handstück, wodurch ein Anbringen der Ersatzklinge wesentlich unkompliziert möglich sei, kopieren. Entgegen der Behauptung der Verfügungsbeklagten sei die beschriebene Mechanik des Patents im Jahr 1997 im Gegensatz zu damals bekannten technischen Lösungen neu gewesen. Das Patent habe also nach Ansicht des Gerichts Rechtsbestand, auch wenn eine – infolge einer parallel eingereichten Nichtigkeitsklage bezüglich des gegenständlichen Patents durch die Verfügungsbeklagte – Entscheidung des Deutschen Patentgerichts noch ausstehe.
Das Landgericht untersagte der Verfügungsbeklagten (Wilkinson Sword) daher in Deutschland weiterhin Rasierklingeneinheiten in einer bestimmten Ausgestaltung zu vertreiben, die im Ergebnis mit dem weit verbreiteten 3-Klingen-Nassrasierer „Gillette Mach3“ kompatibel sind.

Verfügungsbeklagte legte Berufung ein
Mit dieser auferlegten Pflicht gab sich die Verfügungsbeklagten allerdings nicht zufrieden. Sie legte deshalb Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf ein. Nach Auffassung der Verfügungsbeklagten sei beschriebene Mechanik des gegenständlichen Patents nämlich zum Zeitpunkt seiner Erteilung nicht wirklich neu gewesen, wovon das Landgericht fälschlich ausgegangen sei. Aus diesem Grund sei das Patent sehr wohl nichtig. Jedenfalls aber verletze ihre Konstruktion dieses nicht, da sie eine andere Variante für die Verbindung der Austauschklinge und dem Rasierergriff entwickelt hat.

Ebenso Berufungseinlegung durch Verfügungsklägerin
Daneben legte auch die Verfügungsklägerin gegen das ergangene Urteil Berufung ein. Grund hierfür war, dass diese auch eine persönliche Haftung eines Geschäftsführers (Verfügungsbeklagte zu 2) der Wilkinson Sword GmbH für die Patentverletzung festgestellt haben wollte. Die Inanspruchnahme der Verfügungsklägerin war neben der Wilkinson Sowrd GmbH (Verfügungsbeklagte zu 1) nämlich auch auf die fünf Gesellschafter (Verfügungsbeklagte 2 bis 6) sowie die Muttergesellschaft des Konzerns (Verfügungsbeklagte zu 7) und eine tschechische Konzerngesellschaft (Verfügungsbeklagte zu 8), welche zum Teil mit die Herstellung übernommen hatte, gerichtet gewesen. Das Landgericht hatte jedoch den Antrag in Bezug auf den Verfügungsbeklagten zu 2 zurückgewiesen. Grund hierfür war, dass die Verfügungsklägerin hinsichtlich der Inanspruchnahme nicht ihrer Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast nachgekommen war.

Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte Urteil der Vorinstanz
Im Rahmen des Berufungsverfahrens kam das Oberlandesgericht Düsseldorf zu Ungunsten der Verfügungsbeklagten zu keinem anderen Ergebnis als seine Vorinstanz. Auch dessen Ansicht nach sei Wilkinson nicht berechtigt, die gegenständlichen Ersatzklingen für den Rasierer „Gillette Mach3“ in Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu besitzen. Außerdem obliege der Verfügungsbeklagten die Pflicht, die Rasierklingeneinheiten, die sich in ihrem Besitz oder Eigentum befinden, an einen Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Verwahrung herauszugeben.

Berufung des Verfügungsbeklagten zurückgewiesen
Die Berufung der Verfügungsbeklagten wurde mithin vollumfänglich zurückgewiesen. Die Verfügungsklägerin habe nach Ansicht des Gerichts sowohl Verfügungsanspruch als auch Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche den ersten Anspruch des Verfügungspatents, welcher eine Rasierklingeneinheit und das Ausgeben dieser aus einem Spender an ein Handstück betrifft, sinngemäß. Im Hinblick auf den Rechtsbestand des Patents kam das Gericht – auch vor dem Hintergrund der noch ausstehenden Entscheidung durch das Bundespatentgericht über die Nichtigkeitsklage – zu dem Schluss, dass dieser hinreichend sicher ist.

Berufung der Verfügungsklägerin war begründet
Hinsichtlich der Berufung der Verfügungsklägerin urteilte das Berufungsgericht, dass diese begründet ist. Der Verfügungsbeklagte zu 2) hafte als Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten zu 1) neben dieser persönlich wegen seiner positiven Kenntnis von der Verletzung des Verfügungspatents und der damit verbundenen Garantenstellung. Die getätigte Feststellung erweitere daher den Haftungskreis für den zugesprochenen Anspruch.

Organstellung und Verantwortung allein nicht ausreichend
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts begründe die Organstellung des Verfügungsbeklagten zu 2) allein noch nicht dessen Haftung. Gleichfalls könne auch keine typische Garantenstellung wegen der Verantwortung für die Organisation und Leitung des Geschäftsbetriebs angenommen werden. Vielmehr werde eine spezielle Garantenstellung und eine daraus folgende Haftung für eine patentverletzende Handlung grundsätzlich nur für denjenigen gesetzlichen Vertreter persönlich begründet, in dessen Verantwortungsbereich eine solche Handlung fällt.

Verfügungsbeklagter zu 2 nur für Produktion zuständig
Es wurde angeführt, dass die GmbH über fünf Gesellschafter verfügt, welchen jeweils unterschiedliche Aufgaben zukommen würden. Nach Vortrag des Verfügungsbeklagten zu 2 sei dieser nach der internen Zuständigkeitsverteilung lediglich mit der Produktion, nicht aber mit der Herstellung oder gar dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform betraut. Wie das Landgericht zutreffend ausführte begründe dessen Verantwortungsbereich keine spezielle Garantenstellung.

Positive Kenntnis und keine Verhinderung der Verletzungshandlungen
Allerdings ergebe sich eine solche aus seiner positiven Kenntnis von der Verletzung des Patents verbunden mit seiner Untätigkeit (weitere) Verletzungshandlungen zu verhindern (vgl. BGH, GRUR 2012, 1145 – Pelikan; OLG Hamburg, GRUR-RR 2013, 464 – Z. Games). Er hafte mithin ab dem Zeitpunkt seiner Kenntnis bezüglich der Imitation für die danach begangenen Benutzungshandlungen. Aufgrund des unwidersprochenen Vortrags der Verfügungsklägerin müsse davon ausgegangen werden, dass (auch) der Verfügungsbeklagte zu 2 von dem geplanten Markteintritt und sodann von dem tatsächlichen Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform gewusst hat.

Abmahnung habe auch ihn erreicht
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei dem Verfügungsbeklagten zu 2 auch die Abmahnung der Verfügungsklägerin tatsächlich zugegangen. Zum einen sei es ohne Belang, dass die Aushändigung durch den Pförtner erfolgt ist. Aufgrund der allgemeinen Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ in dem Schreiben durfte er sich zum anderen auch angesprochen fühlen. Darüber hinaus befinde sich in der Adresszeile der Abmahnung der Zusatz „Geschäftsführung“, sodass auch explizit auf die hinter der Verfügungsbeklagten zu 1 stehenden Personen oder gesetzlichen Vertreter Bezug genommen worden ist.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2018, Az. I-15 U 66/17

von Sabrina Schmidbaur


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